Katzenleben

Kastrationspflicht und Katzensteuer

Katzenhalter müssen im Gegensatz zu Hundebesitzern keine Steuern zahlen. Ist doch praktisch, oder? Doch wer nur an seinen eigenen Geldbeutel denkt, handelt nicht unbedingt im Sinne des Tierschutzes.

Die Katze ist das beliebteste Haustier der Deutschen. Dennoch werden Jahr für Jahr tausende Katzen ausgesetzt oder laufen weg. Wildlebende Hauskatzen führen ein hartes Leben: Erbarmt sich nicht der nette Nachbar, müssen sie sich ihr Futter plötzlich selbst suchen – keine Spur mehr von „Entenragout mit Sauce“ und Spezial-Trockenfutter gegen Zahnstein. Einige Tiere kann der Tierschutz aufnehmen, andere schlagen sich mit Hilfe von Futterstellen durch.

Doch die Fütterung dieser Tiere allein reicht nicht aus: Wo eine unkastrierte Katze ist, gibt es regelmäßig Nachwuchs. „Einzig eine Kastrations- und Kennzeichnungspflicht frei lebender Katzen kann ungewolltem Nachwuchs vorbeugen“, so Elli Heß vom Europäischen Tier- und Naturschutz e.V. (ETN) in der Presseerklärung zum Internationalen Katzentag am 8. August 2009. „Es kann nicht angehen, dass wir in Südeuropa erfolgreiche Katzenschutzprojekte, zu denen die Kastration und die Versorgung der Tiere gehört, umsetzen und in Deutschland Katzenbabys ertränkt oder an der Hauswand erschlagen werden, statt dem ungewollten Nachwuchs durch Kastration vorzubeugen“, so Heß.

In Österreich gibt es längst ein solches Kastrationsgebot, Deutschland stellte sich bisher diesem Problem in dieser Form nicht. Eine einfache Erklärung: Kastrationsprojekte kosten Geld. Viele Gemeinden fordern darum stattdessen ein Fütterungsverbot frei lebender Katzen – laut des Vereins Europäische Tier- und Naturschutz e.V. ein Skandal. „Wir haben es hier nicht mit Wildkatzen, sondern mit frei lebenden Hauskatzen zu tun“, erklärt Heß. „Sie sind auf die Versorgung durch den Menschen angewiesen. Ein Fütterungsverbot kommt einer Tötung der Tiere gleich.“

Die Stadt Paderborn hat als eine der ersten Städte nun eine Kastrationspflicht für Katzen durchgesetzt. Gleichzeitig ist die Stadt auch Vorreiter, was die Pflicht zur Kennzeichnung von freilaufenden Katzen mittels Tätowierung oder Mikrochip angeht. „Trotz erheblicher Kastrations- und Versorgungsbemühungen der Tierschutzvereine haben die Zahl der im Stadtgebiet Paderborn ausgesetzten, herrenlosen und verwildert lebenden Katzen und die damit einhergehenden Probleme in sehr starkem Maße zugenommen. Die betroffenen Tiere pflanzen sich unkontrolliert fort und müssen teilweise unter erbärmlichen und tierschutzwidrigen Umständen ihr Leben fristen. In Folge der hohen Katzenpopulation hat der Paderborner Tierschutzverein „Tiere in Not e. V.“ wegen Kapazitätsauslastung bereits im September 2007 einen bis jetzt anhaltenden Aufnahmestopp für Katzen anordnen müssen“, heißt es in der Sitzungsvorlage-Nr. 0250/08 der Stadt Paderborn. Anders als bei Wildtieren würde sich die Populationsdichte bei wildlebenden Katzen nicht auf natürliche Weise regeln.

„Durch Abs. 4 werden den betroffenen Katzenhalterinnen und Katzenhaltern ein Kastrations- und ein Kennzeichnungsgebot für ihre Tiere auferlegt“, so der genaue Wortlaut der neuen Verordnung. Katzenhalter, die ihrer über fünf Monate alten Katze Zugang ins Freie gewähren, haben diese zuvor von einem Tierarzt kastrieren und mittels Tätowierung oder Mikrochip kennzeichnen zu lassen. Für die Zucht von Rassekatzen gibt es auf Antrag Ausnahmen von der Kastrationspflicht, allerdings muss hier die Kontrolle und Versorgung der Nachzucht glaubhaft dargelegt werden.

Auch in Übersee schreitet man in Sachen Katzenschutz voran. Die Stadt Seattle zäumt das Pferd aber von hinten auf: Hier müssen Katzen- und Hundehalter ihr Tier markieren und registrieren lassen. Statt einer offiziellen Steuer gibt es eine „Lizenzgebühr“: Für eine Katze sind 25 Dollar pro Jahr zu berappen, bei einer Zahlung für zwei Jahre 20 Dollar pro Jahr. Kastrierte Tiere sind hier günstiger als unkastrierte: Die Registrierung einer kastrierten Katze kostet nur 15 Dollar bei einer einjährlichen Zahlung und 11 Dollar pro Jahr bei einer Zahlung für zwei Jahre. Das lohnt sich: Wer sein Tier nicht registriert, darf mich einer Strafe von 125 Dollar pro Tier rechnen. Auch sonst hat die Lösung viele Vorteile, die die Stadt Seattle gleich auf ihrer Homepage darstellt: Der Tierhalter kann im Notfall kontaktiert werden, entlaufene Tiere können leicht zurückgeführt werden. Was nicht offen gesagt wird: Die günstigeren Gebühren machen es reizvoller, ein Tier zu kastrieren.

Bleibt zu hoffen, dass die Lösung der Stadt Paderborn Schule macht – oder Halter unkastrierter und ungekennzeichneter, nicht zur Zucht zugelassenen, Tiere tief in die Tasche greifen müssen.

Quellen:

https://www.seattle.gov/animalshelter/licenses.htm#benefits

Sitzungsvorlage-Nr. 0250/08 der Stadt Paderborn

Pressemitteilung des Vereins „Europäischer Tier- und Naturschutzbund“ vom 6. August 2009

About the author

MK

Add Comment

Click here to post a comment