Allgemeines Katzengesundheit

Gingivostomatitis bei der Katze

Gingivostomatitis – von dieser unaussprechlichen Krankheit hat kaum ein Katzenhalter je gehört. Gemeint ist eine oft chronische Entzündung der Backenschleimhaut sowie des Rachens, die in den meisten Fällen auf bakteriellen Zahnbelag oder eine extreme Immunreaktion des Organismus zurückgeht.

Die stark gerötete Entzündung von Zahnfleisch, Wangenschleimhaut, Rachen und Zungenbändchen mit bläschenartiger Oberfläche ist für die Katze so schmerzhaft, wie sie aussieht. Aufmerksame Katzenhalter können eine beginnende Erkrankung allerdings schon früh erkennen. Meistens beginnt Gingivostomatitis mit einer starken Rötung des Zahnfleischrandes, die in eine Entzündung des gesamten Zahnfleisches und schließlich des gesamten Maulraumes übergeht.

Leider sind Katzen sehr gut darin, Schmerzen zu verstecken und viele Katzenhalter erkennen erst im späten Stadium, dass ihre Katze unter Schmerzen bei der Futteraufnahme leidet. Gerade bei einem chronischen Krankheitsverlauf zeigen betroffene Vierbeiner oft starke Verhaltensauffälligkeiten wie Sabbern, Ausspucken von Futter und einen damit einhergehenden Gewichtsverlust. Gingivostomatitis ist mehr als eine einfache Entzündung des Zahnfleisches und sollte darum in jedem Fall behandelt werden.

Ursachen
Doch warum leiden auch junge Tiere an der schmerzhaften Erkrankung? Eine klare Ursache für Gingivostomatitis ist nicht bekannt, sicher ist nur eins: Es handelt sich um eine hochkomplexe Krankheit. Zahnbelag scheint die Entwicklung eines chronischen Verlaufs zu fördern. Allerdings lassen Laborergebnisse eine immunologische Ursache im Zusammenhang mit felinen Caliciviren, felinen Herpesviren, FIV (Felinen Immunschwächevirus) oder dem Leukämievirus (FeLV) vermuten. Zudem auffällig: Eine Vergleichsstudie von 147 Katzen mit chronischer Gingivostomatitis und anderen Zahnkrankheiten zeigte, dass 100 Prozent der Katzen mit Gingivostomatitis unter Periodontitis, einer bakteriellen Entzündung des Zahnhalteapparates, litten – in der Vergleichsgruppe waren es nur 76 Prozent. Auch der Entzündungsgrad der Periodontitis schien bei Tieren mit Gingivostomatitis stärker zu sein. Dies lässt einen Zusammenhang beider Erkrankungen erkennen.

Behandlung
Es gibt keine klare Diagnose für Gingivostomatitis, dennoch zeigt sich beim Bluttest oft ein erhöhter Anteil immunologisch aktiver Globuline. Eine Biopsie kann andere Ursachen wie Krebs oder den Kontakt mit Säuren ausschließen. In vielen Fällen wird Gingivostomatitis unter Ausschluss anderer Ursachen diagnostiziert.

Die Therapie besteht in den meisten Fällen in einem Erhalt oder einer Verbesserung der Lebenssituation Ihrer Katze. Der behandelnde Tierarzt wird primär versuchen, die Entzündung einzudämmen: Eine professionelle Zahnreinigung in der Praxis und regelmäßiges Zähneputzen durch den Tierhalter bilden die Basis, entzündungshemmende Medikamente sollen den Abheilungsprozess beschleunigen. So kann beispielsweise Depot-Cortison die körpereigene Abwehrreaktion unterdrücken und damit zum Abheilen der Entzündung beitragen. Auch Cyclosporin A soll eine vielversprechende Wirkung haben. Das Medikament, das auch bei Organtransplantationen beim Menschen eingesetzt wird, ist allerdings extrem kostspielig. Ist die Katze FeLV/FIV positiv, können Antibiotika helfen. Hier hat sich auch wie bei zusätzlichen Infektionen mit Herpes- und Caliciviren Inferon bewährt. In Extremfällen kommen Immunsuppressiva oder Immunmodulatoren wie Zylexis zum Einsatz – sie unterstützen das Immunsystem der Katze. Sollte keine Besserung eintreten, sieht die schulmedizinische Praxis oft eine Extraktion aller Zähne vor. Doch keine Sorge: Ihre Katze kann auch ohne Beißerchen gut leben – vor allem dann, wenn es ein Ende chronisch starker Schmerzen bedeutet!

Mittlerweile wird auch der Einsatz von Stammzellen zur Behandung von Gingivostomatitis untersucht. Boaz Arzi von der „School of Veterinary Medicine“ der Universität California-Davis erforscht seit zwei Jahren, in wieweit eine Behandlung mit Stammzellen aus dem Fettgewebe den Krankheitsverlauf verlangsamen kann. Die Ergebnisse sind vielversprechend: Ein Großteil der behandelten Katzen erholte sich nach der zweiten Behandlung mit Stammzellen komplett von der chronischen Erkrankung. Bei Katzen, die mit dem FFV (feline foamy virus) infiziert waren, bliebt die Behandlung allerdings erfolglos. (Quelle)

Fazit
Gingivostomatitis ist eine Krankheit, deren chronischer Verlauf mit starken Schmerzen oft unterschätzt wird. Bisher sind sich Fachleute weder über Ursachen, noch über mögliche Behandlungsmethoden einig. Der beste Weg besteht darum oft in dem, was der betroffenen Katze hilft – sei es die Behandlung mit Antibiotika, die Verabreichung von Entzündungshemmern oder die Entfernung betroffener Zähne.

Tierzahnheilkunde: Gingivostomatitis bei der Katze
Die Stomatitis der Katze: Uni Wien
Fallbeispiel
Studie: Radiographic patterns of periodontitis in cats: 147 cases (engl.)
Gingivostomatitis im WINN Feline Health Blog (engl.)
Feline Gingivostomatitis Treatment (engl.)
Feline Immunodeficiency Virus Ressource (engl.)
Artikel auf der Seite des Cheyenne West Animal Hospital (engl.)
Stem cell therapy for chronic gingivostomatitis in cats (Winn grant report)

Zum Weiterlesen:
Tierkrankenversicherungen – muss das sein?
Katzenleben mit Behinderung
Schmerzen bei der Katze erkennen
Leben Bauernhofschönheiten gesünder?
Vorsorgeuntersuchungen (nicht nur) für Senioren
Die kranke Katze: Wo hört Tierliebe auf, wo fängt Egoismus an?
Selbstmedikation – Risiken und Nebenwirkungen
Artikel zur Katzengesundheit auf pfotenhieb.de

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