Allgemeines Katzengesundheit

Festsitzender Haarball oder ernsthafte Erkrankung? Felines Asthma

Gefährlich und dennoch oft unerkannt: Was für das erfolglose Hochwürgen eines festsitzenden Haarballs gehalten wird ist nicht selten Felines Asthma. Etwa ein Prozent aller Katzen leiden unter dieser chronischen Atemwegserkrankung. Oft wird sie aber nicht rechtzeitig erkannt, denn die Symptome ähneln denen vieler anderer Hustenerkrankungen der Katze. In der Folge bleibt Felines Asthma oft jahrelang unbehandelt und kann sich ein zuerst selten auftretender Husten bis zu typischen Asthmaanfällen steigern. Dabei sind die Symptome zwar oft nur von Fachleuten eindeutig zuzordnen, können aber schon Laien Hinweise auf eine eventuelle Asthmaerkrankung geben.
Mikesch kauert sich nieder, streckt den Hals hervor und hustet, als würde er einen Fremdkörper aus seinen Atemwegen befreien wollen. „Zuerst dachten wir, unser Mikesch hätte einfach nur ein Problem mit Haarballen“, so seine Besitzerin. „Anstatt einen Tierarzttermin zu vereinbaren, kauften wir Futterzusätze mit Malz, bürsteten ihn täglich und stellten gleich zwei Blumentöpfe mit Katzengras auf.“ Gut gemeint und trotzdem falsch: Mikesch leidet unter dem Felinen Asthma Syndrom, auch FAS genannt. Lange Jahre blieb die Erkrankung unerkannt, erst als Mikesch an einem heißen Sommertag unter akuter Atemnot litt wurde die Krankheit diagnostiziert.

Die Symptome
Die Symptome Felinen Asthmas ähneln denen anderer Atemwegserkrankungen der Katze sowie Thoraxverletzungen: Ähnlich wie bei einem Lungenwurmbefall oder einer chronischen Bronchitis fallen asthmatische Katzen durch wiederholtes anfallartiges Husten auf, das aber oft fälschlicherweise für das erfolglose Hochwürgen eines Haarballs gehalten wird. Eine folgenschwere Unterschätzung! Die Unterscheidung zwischen Hochwürgen eines Haarballes sowie Husten sind dabei auch für Laien denkbar einfach: Haarbälle sind immer gastrointestinaler Herkunft, erzeugen also keinen Husten, sondern rufen einen Würgereflex hervor und können zu Erbrechen führen. Bei einem asthmatischen Husten streckt die Katze ihren Hals vor, streckt eventuell die Zunge heraus, kauert nieder und gibt ein trockenes oder feucht klingendes Hustengeräusch von sich. Erkrankte Katzen atmen oft schon bei leichten Anstrengungen durch den Mund.

Die Ursachen
Felines Asthma entsteht durch eine Hyperaktivität der Bronchien. Spasmen, Schleimsekreation, Entzündungen und Ödeme führen zu einem verkleinerten Lungenvolumen, was die typischen Symptome hervorruft.

Die Ursachen der bronchialen Hyperaktivität selbst sind leider nur zum Teil erforscht sind. Laut Angie Hibbert, Spezialistin der veterinärmedizinische Internistik an der Universität Bristol, leiden etwa ein Prozent aller Katzen unter Felinem Asthma – Siamesen sind überdurchschnittlich häufig vertreten, was eine genetische Präposition vermuten lässt. Asthma tritt meistens bei jungen bis mittelalten Katzen auf.

Eine große Rolle bei der Entstehung von Felinem Asthma wird verschiedenen Allergenen zugeschrieben. So sehen viele Fachleute einen Zusammenhang zwischen Katzenschnupfen in der Kindheit sowie einer späteren Anfälligkeit für Asthma.

Die Diagnose
Auch wenn Felines Asthma immer immer häufiger diagnostiziert wird, gibt es bis heute keinen Test, der Tierärzten eine eindeutige Diagnose ermöglicht. Sie müssen sich so bei Verdacht mit verschiedensten Methoden behelfen.

Das Abhören von Herz und Lunge sowie ein Abtasten des Torax gehören zur Standarduntersuchung bei Katzenhusten und kann erste Anzeichen für eine eventuell vorliegende Asthmaerkrankung liefern. So gehört beispielsweise ein zusammengedrückter, tonnenförmiger Thorax zu einem typischen Bild und weist auf Lufteinlagerungen in der Lunge hin.

Hilfreich ist auch eine eingehende Diagnose der Krankheitsgeschichte der Katze sowie ihrer Lebenstumstände. Hier ist der Tierhalter gefragt: Seit wann treten die Symptome auf, wie stark und wie häufig hustet die Katze? Kann ein allergischer Hintergrund ausgeschlossen werden? Ist die Katze Freigänger oder lebt sie nur im Haus? Tritt der Husten nur saisonal auf? Wie sieht es mit tierischen Mitbewohnern aus, wie ist deren Krankheitsgeschichte? Oft können schon die Antworten auf diese Fragen das Krankheitsbild eingrenzen und die Ursachen des wiederkehrenden Hustens benennen. Eine Kotuntersuchung kann einen eventuell vorliegenden Wurmbefall ausschließen, denn auch Lungenwürmer können den asthmatypischen Husten hervorrufen. Einen Zusammenhang von Herzerkrankung und Husten wie bei Hunden gibt es bei Katzen aber nur selten.

Eine genaue Beobachtung des Atembildes zeigt oft ein angestrengtes, schnelles und ungleichmäßiges Atmen auch mit offenem Mund. Ein trockener Husten ist die Folge einer trachialen oder bronchialen Reizung, während ein feuchter Husten auf eine Lungenentzündung hinweisen kann. Diese Symptome können auch Sie als Katzenhalter beobachten – teilen Sie Ihrem Tierarzt Ihre Beobachtungen mit, bitte lassen Sie sich aber nicht zu einer Selbstdiagnose hinreißen! Sämtliche Hustensymptome können auch auf andere Erkrankungen des Atemapparates hinweisen, die Diagnose sollte darum in jedem Fall einem Fachmann überlassen werden.

Bei Asthma wird oft eine Verdickung des Schleimhautepithels der Lunge beobachtet, was das genannte Krankheitsbild hervorruft. Je nach Schweregrad der Erkrankung kann diese auch auf dem Röntgenbild sichbar werden: Eine Abflachung des Zwerchfells und eine verstärkte Aufhellug und Aufgeblähtheit der Lunge sind typisch, allerdings ist die Röntgenuntersuchung laut einer Studie der School of Veterinary Medicine, Aristotle University of Thessaloniki, in 23 Prozent der Fällen unauffällig. Ultraschall und eine Bronchiskopie können ebenfalls gute Hilfsmittel bei der Diagnose sein, ebenfalls gibt es die Möglichkeit einer bronchialen Biopsie. Spülproben der unteren Atemwege sind allerdings eine schonendere Möglichkeit, um Gewebe- und Bakterienproben zu gewinnen. Eine Blutuntersuchung zeigt oft eine erhöhte Anzahl von weißen Blutkörperchen und anderen Entzündungszellen – allerdings ist dieser Befund nicht spezifisch Felinem Asthma zuzuschreiben und kann auch auf anderweitige Entzündungsreaktionen im Körper hinweisen. Die in der Humanmedizin bekannten Lungenfunktionstests lassen sich bei Katzen leider nicht zur Diagnostik einsetzen.

Die Therapie
Im Notfall sollten Katzen mit aktuer Atemnot sollten zuerst in eine sauerstoffangereicherte Umgebung überführt oder mit einer Sauerstoffmaske unterstützt werden.

Ist die Diagnose eindeutig, stehen dem Tierarzt verschiedene medikamentöse Therapien zur Auswahl. Asthmatische Katzen werden schulmedizinisch oft mit Corticosteroiden behandelt, die die Entzündungsreaktion des Körpers senken sollen. Oft wird Prednison oral verabreicht, verschiedene Corticosteroide können aber auch inhaliert und die Darreichungsmenge so gesenkt werden. Leider hat die Therapie oft nicht zu verachtende Nebenwirkungen, so dass empfohlen wird, zuerst eventuell vorliegende Infektionen zu behandeln, bevor auf die Cortisontherapie zurückgegriffen wird. Bronchenweitende Mittel können die Atmung zusätzlich zu sonstigen behandelnden Maßnahmen erleichtern.

Mittlerweile gibt es spezielle Inhalationsmasken für Katzen, die eine genaue Verabreichung von Cortisonen und bronchialweitenden Medikamenten ermöglichen. In „Die Krankheiten der Katze“, herausgegeben von Horzinek, wir die Anwendung eines solchen Inhalators genau beschrieben: Ein wie bei Kleinkindern angewandter Inhalator wird mit einer passenden Atemmaske und einem Zwischenstück versehen, das wiederum mit dem ausgewählen Arzneimittel gefüllt wird. Ist die Katze an die Maske gewöhnt, wird diese Maske langsam für sieben bis zehn Atemzüge über die Maulöffnung der Katze platziert. Mittlerweile ist auch ein spezieller Inhalator für Katzen namens „AeroKat“ auf dem Markt, der die Anwendung erleichtert. Natürlich sollten Katzen mit Felinem Asthma rechtzeitig eines Inhalator gewöhnt werden – das erleichtert die Anwendung im Akutfall.

Besitzer asthmatischer Katzen machen oft auch gute Erfahrungen mit naturheilkundlichen Methoden als Ergänzung zur Schulmedizin. Ein ausgebildeter Tierheilpraktiker kann die besten Empfehlungen geben und einen Behandlungsplan erstellen. Felines Asthma ist ein ernsthafte Erkrankung, die bis zum Tod der Katze führen kann – von Selbstbehandlungen sollte darum in jedem Fall abgesehen werden.

All diese Maßnahmen helfen aber nichts ohne eine möglichst reizarme Umgebung. Dabei ist der Katzenhalter gefragt: Zigarettenrauch sowie der Einsatz starker Reinigungsmittel oder Lufterfrischer kann die Symptome verschlimmern und den Ausbruch bei anfälligen Katzen beschleunigen. Bei allergisch bedingtem Asthma hilft oft auch eine Umstellung auf eine getreidefreie Ernährung; Getreide ist als häufiger Allergieauslöser bei Katzen bekannt.

Felines Asthma kann zwar nicht geheilt werden, bei einer rechtzeitigen Diagnose können vielfältige Behandlungsmöglichkeiten der erkrankten Katze aber ein nahezu beschwerdefreies Leben ermöglichen.

Update 4. Januar 2015: Mittlerweile wird auch die Behandlung via Stammzelltherapie untersucht. Als Stammzellen werden Körperzellen bezeichnet, die noch keine feste Gestalt angenommen haben und sich so in verschiedene Zelltypen oder Gewebe ausdifferenzieren können. Sogenannte “embryonale Stammzellen” können sich zu jedem Gewebetyp entwickeln. Ältere, adulte Stammzellen, werden aus bereits ausdifferenzierten Gewebe ausgewachsener Individuen gewonnen und haben nur noch die Fähigkeit, sich in bestimmte Zelltypen zu differenzieren.

Mittlerweile ist bekannt, dass Fettgewebe die wichtigsten körpereigenen Zellen, darunter Stammzellen, enthält. Dr. Carol Reinero und seine Kollegen am College of Veterinary Medicine an der University of Missouri behandelten neun Katzen mit allergie-induzierten Asthma mit jeweils sechs intravenösen Injektionen von Fettgewebs-Stammzellen oder einem Placebo. Die Katzen wurden über die Dauer eines Jahres beobachtet. Die Ergebnisse ernüchtern: Die Therapie zeigte keine Auswirkungen auf die Entzündung der Atemwege oder die immunspezifische Reaktion auf Kontakt mit dem Allergen. Dennoch: Die Therapie reduzierte die Vernarbung der Atemwege acht Monate nach Beginn der Studie. Die positive Veränderung war nicht dauerhafter Natur – allerdings stellt sich die Frage, in wieweit eine weitere Gabe von Stammzellen einen weiterhin positiven Krankheitsverlauf beeinflussen kann. (Quelle)

Weitere Informationen:

Video Felines Asthma mit Aufnahme des typischen Hustens

Animalsoul.ch: Tolle Informationsseite zum Felinen Asthma samt Ausschlussdiagnosen, Aufzählung von Medikamenten, Aufführung von Beipackzetteln und Grafiken

Informationsseite zum Felinen Asthma [deutschsprachig]: https://de.fritzthebrave.com/

Informationsseite zum Felinen Asthma [englischsprachig]: https://www.felineasthma.org

Quellen:

Vorlesung „Respirationstrakt“ von der LMU München aus dem Jahr 2010, gute Erklärungen samt Röntgenaufnahmen

Publikation Felines Asthma, Dr. Bianka Schulz von der LMU München

AeroKat, Atemmaske speziell für Katzen

Ursachen des Hustens bei Katzen, Publikation von Danielle Gunn-Morre von der Universität Edinburgh

Diagnose von Felinem Asthma, Publikation von Danielle Gunn-Morre von der Universität Edinburgh

Behandlungvon Felinem Asthma, Publikation von Danielle Gunn-Morre von der Universität Edinburgh

Feline asthma: what’s new and where might clinical practice be heading? Department of Small Animal Clinical Sciences, Michigan State University

Studie der School of Veterinary Medicine, Aristotle University of Thessaloniki:

„Therapy for Feline Asthma“, Publikation von Angie Hibbert

nformationen der WINN Feline Foundation: Stammzelltherapie bei Felinem Asthma (englischsprachig)

Long-term evaluation of mesenchymal stem cell therapy in a feline model of chronic allergic asthma

Zum Weiterlesen:

Stammzelltherapie für nierenkranke Katzen

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MK

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