Luna – unter Zeitdruck schafft sich´s besser?! Oder: Das Abenteuer der Schlossbergkatze
Dies ist die Geschichte von Luna´s skurrilem Abenteuer und wie sie Menschen, die sich nicht kannten, dazu brachte, zusammen zu halten und an einem Strang zu ziehen. Vielleicht wollte sie aber auch einfach nur ein Abenteuer erleben. Das wird auf ewig ihr Geheimnis bleiben…
von Tanja Hansen
Nun, Familie Luna sagte mir Bescheid, dass die schwarze Lady eben draußen auf mich warten würde und so fuhr ich einen Tag später zur Luna-Betreuung. Aber sie ließ sich nicht hereinlocken. Auch nach mehrmaligem Rufen nicht. Keine Luna weit und breit… „Seltsam“, dachte ich und spürte bereits, da stimmt etwas nicht… Mein Plan: Futter und Wasser rausstellen und ein gemütliches Plätzchen zum Schlafen herrichten, falls sie es sich nachts doch noch anders überlegt. In Gedanken ging ich schon alle möglichen Tätigkeiten durch, die ich dann starten wollen würde, wenn sie nicht heimkommt. In der Sommerzeit ist es oft der Fall, dass Katzen es sich im schattigen Gartenhäuschen, in einer kühlen Garage oder Keller gemütlich machen und so eingesperrt werden – und keiner merkt´s. Schwupps, wird die Katze vermisst. Das war auch mein erster Gedanke. Schließlich schien die Sonne und es war trocken und angenehm draußen. Also goss ich drei Tage lang eben nur die Blumen und hoffte, Luna würde irgendwann kommen. Alles Rufen um´s ganze Haus herum war vergeblich. Das Futter war auch nicht angerührt und so „wusste“ ich einfach, Luna musste irgendwas passiert sein. Ich ging die Kellerräume ab. Nichts. Ich spürte auch, dass sie nicht in der Nähe war. Was war nur geschehen? In Gedanken plante ich schon Tierarzt- und Tierheim-Telefonate und schmiedete weitere Pläne.
Die Tage vergingen… Familie Luna kam am Dienstag heim. Luna trafen sie nicht an. Am Mittwoch fragte ich, wie es denn nun um die schwarze Schöne stand. Die Antwort machte mich traurig: „Luna ist nicht wieder gekommen. Wir haben keine Katze mehr. Wir sind sehr traurig und müssen Ihnen nun sagen, dass wir Sie abbestellen, wenn wir die Tage wieder in den Urlaub fahren. Das wird ein trauriger Urlaub.“ Ja, es war wirklich so: Familie Luna wollte bereits am Donnerstag wieder in den zweiten Teil ihres wohlverdienten Urlaubs fahren. Ganze zwei Wochen sollten es sein. Ganz hoffnungslos und traurig waren die armen Menschen. Ich auch. Ich versuchte sie zu ermuntern (ja, ok, ich hab sie dazu genötigt…): Tierheime anrufen! Tierärzte ebenfalls! Plakate gestalten! Diese aufhängen und verteilen! Mit Nachbarn sprechen! In Kellern, Garagen und Gartenhäuschen nachschauen! Suchen gehen! Familie Luna war nicht so ganz motiviert. Verständlich. Es war auch schon eher spät am Tag und die Tierheime und Tierärzte hatten bereits geschlossen. Außerdem blieben uns ja nur noch ein paar Stunden, um alles in die Wege zu leiten. Ganz schön unrealistisch, in so kurzer Zeit noch irgendwas zu bewegen. Aber ich wollte so schnell nicht aufgeben! Ich bat die Familie, mir den Schlüssel der Wohnung dazulassen, wenn sie denn nun am nächsten Tag aufbrechen würden. Luna konnte ja schließlich jeden Tag einfach so wieder vor der Tür stehen und da wäre keiner da, der sie versorgt!
Ein Mädchen, schwarz, sehr lieb und zutraulich. Man, das konnte passen! Ob das Luna sein könnte? Irgendwie sah die Katze so anders aus als Luna. Aber okay, Luna war ja bereits seit Tagen unterwegs… Ich war plötzlich ganz aufgeregt und verfolgte den Beitrag, wo er ursprünglich her kam, versuchte mit dem Menschen, der die Seite betreibt, Kontakt aufzunehmen, durchforstete das Impressum, stieß auf eine weitere Seite, ein weiteres Impressum, fand Telefonnummern, schrieb Nachrichten und tipperte voller Hoffnung Handynummern an, kontaktierte einfach jeden, der mit diesem Posting hätte zu tun haben können. So kam ich über einige Ecken schließlich an einen Herrn, der mir die Telefonnummer der Finderin der Schlossbergkatze geben konnte! Unfassbar! Ich war ganz aus dem Häuschen. Mittlerweile war der Abend ja schon fortgeschritten und im Eifer des Gefechts hatte ich gar nicht gemerkt, dass schon richtig Zeit ins Land gegangen war. Außerdem saß ich hibbelnd vor dem Bildschirm und aktualisierte ständig alle fünf oder sechs Facebook-Seiten, die ich gleichzeitig geöffnet hatte, kommunizierte zeitgleich mit Familie Luna, die ich mittlerweile im Dunkeln zu den Schlossberghöhlen geschickt hatte, um Luna zu suchen. Im Internet wollte sich aber einfach kein Mensch bei mir melden… Als der Adrenalin-Pegel dann nun schon wirklich fast am Limit war, bekam ich sehr schnell Antwort der Finderin dieser Schlossberg-Katze:
„Am Dienstag Abend ereignete sich eines meiner größten Katzenerlebnisse nach meinem Feierabend. Während meiner vierzehn Kilometer langen Laufrunde begegnete mir mitten im Wald eine schwarze Katze. Sie hüpfte plötzlich aus dem Gebüsch direkt vor meine Füße und forderte mich zum Streicheln auf. Liebevoll schlängelte sie sich um meine Beine und signalisierte mir auf den ersten Blick ‚Hol mich hier raus!‘, Mein Plan war zunächst, das liebe, gepflegte Wesen aus dem Wald in die nahegelegene Wohnsiedlung um den Schlossberg herum wieder zu zivilisieren. Der Plan war wohl auch ganz im Interesse der Katze, die sich wohl verlaufen hatte. Schließlich ließ sie nicht von mir ab, joggte mir etwa zwei bis drei Kilometer hinterher. Zwischendurch trug ich sie immer wieder ein paar Meter in meinen Armen, sodass wir etwas schneller aus dem Wald waren, da mein Laufpartner schon am Meckern war. Er war von meiner Rettungsaktion zunächst nicht begeistert“, erzählt die Dosenöffnerin mehrere Katzen mit einem Augenzwinkern. „Als wir nach etwa fünfundzwanzig Minuten in der Zivilisation angelangt waren, erschrak sich die kleine Unbekannte vor einem vorbeifahrenden Auto und huschte ins Gebüsch. Von hier ab trennten sich dann unsere Wege…
Die liebe Finderin wollte die Findelkatze unbedingt vor dem Tierheim bewahren. Einen Chip hatte die vermisste Luna und auch die schwarze Schlossbergkatze leider nicht, sodass man sie hätte checken können, wem sie gehört. Die Praxis wollte im Augenblick schließen. „Dennoch hatte die Tierärztin großes Interesse und Verständnis und nahm mein Anliegen an. ‚Sie ist gepflegt, hat kein Ungeziefer. Leider ist sie nicht gechippt und nicht tätowiert, aber gehören tut sie bestimmt jemanden‘, so die Tierärztin. Da blieb mir nur: Mit nach Hause nehmen. Ich packte die kleine Unbekannte wieder ein und fuhr nach Hause. Da ich selbst zwei Hauskatzen besitze und eine zugelaufene Wildkatze, war ich gespannt, wie das Aufeinandertreffen wohl werden würde. Als ich zu Hause ankam, erkundete die kleine Schwarze zunächst alle Räumlichkeiten und zeigte durch Fauchen und Kreischen, dass sie keine anderen Katzen mag. Offenbar fühlte sie sich dennoch in der Umgebung von Menschen sehr wohl und beanspruchte ihren Platz direkt auf der Couch und forderte ihre Schmuseeinheiten. Als ich später ins Bett ging, folgte sie mir und dominierte ihren weiteren Platz neben dem Kopfkissen. Meine Katzen hatten keine Chance, zu mir zu dürfen. Am nächsten Morgen musste ich zur Arbeit. Genüsslich blieb der kätzische Gast im Bett liegen. Unterwegs zur Arbeit steuerte ich eine andere Tierarztpraxis an, die auf dem Weg lag. Auch dem nahe gelegenen Tierheim ließ ich Bilder von der wohl vermissten Katze zukommen. Es schien mir, als ob ich noch mehr Hebel in Bewegung setzen musste, um einen Erfolg zu erlangen. So stand ich mit Mitarbeitern eines Radiosenders in Kontakt. Sie starteten Durchsagen und veröffentlichten Bilder der Fundkatze auf ihrer Internetseite. Eine Freundin rundete die Suchaktion ab, indem sie eine Facebook-Suchaktion startete, da ich in diesem Forum kein Mitglied bin. Nach meinem Feierabend meldete ich die süße Katzendame zu guter Letzt noch in einem anderen Online-Portal. Bis zu später Stunde hatte sich niemand gemeldet und wir hatten auch unseren Urlaub, den wir am Wochenende antreten wollten, gecancelt. Doch dann…“
Die Aufregung stieg bei allen Beteiligten ins Unermessliche. Es tickte schließlich auch die Uhr, von wegen Abreise und Urlaub und spät abends noch Menschen mit Anrufen belästigen und so. Eigentlich war doch schon längst Bettzeit für mich und das würde sich sowas von rächen am nächsten Tag, das wusste ich. Aber ich musste unbedingt noch wach bleiben, um das Ergebnis zu erfahren. Sie kennen das… Is wie warten auf den Weihnachtsmann als Kind, Sie verstehen mich schon… War es Luna? War es eine ähnlich ausschauende Katze? Hatte sich die Finderin geirrt? Hab ich der Familie falsche Hoffnungen gemacht? Oder doch noch happy end? Mal ehrlich, wie groß ist da bitte die Wahrscheinlichkeit? Zumal Familie Luna und die Finderin der schwarzen Katze beide nicht bei Facebook sind. Mein Herz pochte und ich war gleichzeitig total aufgedreht und echt müde gleichzeitig. So saß ich hoffnungsvoll vor dem Laptop und … wartete. Mein Gott, war das spannend! Was dauerte denn das so lange? Keiner schrieb mir mehr. Fünfzehn Minuten, dreißig Minuten. Ey, ich geh gleich ins Bett, echt mal…
Dann, endlich! Es kamen fast zeitgleich die Nachricht der Finderin und die Mitteilung der Familie: Es ist tatsächlich Luna!! Ich wusste nun gar nicht, wie mir war… Erleichtert, freudig, durcheinander. (Müde… Hatte ich müde schon erwähnt?) Dankbar. Glücklich. Berührt. Unglaublich berührt. Berührt von all den Menschen, die virtuell geholfen hatten durch Äußerungen der Hoffnungen, durch´s Teilen der Beiträge, durch´s Kommentieren meines Geschreibsels, durch´s Mitfiebern, durch´s Vermitteln und Helfen. Berührt von der Berührtheit der Finderin. Sie war genauso ergriffen und zutiefst glücklich wie ich. Und die Familie erst! Sie hatten ihre Luna wieder! Unglaublich! Das alles innerhalb von drei Stunden. Kurz vor der Abreise. Und kurz vor dem Urlaub der Finderin. Da ich nicht an Zufälle glaube, bin ich mir sicher, das musste alles so kommen. Wir werden sehen, warum… Vielleicht, damit Familie Luna Luna vor Urlauben besser nicht rauslässt? Vielleicht, damit die Finderin mit mir in Kontakt kommen sollte, weil „weiß-noch-nicht-warum“? Vielleicht, damit ich meine Arbeit und jede einzelne Kundenkatze, die mir anvertraut wird, noch mehr wertschätze und um jeden Moment mit Kundenkatzen dankbar bin? So schnell kann´s schließlich vorbei sein, wenn Mieze plötzlich weg ist… Wie schnell kann die ganze Welt mehrerer Personen gleichzeitig auf den Kopf gestellt werden, wenn eine süße, kleine Katze fehlt bzw. zuläuft…
Die Finderin und ich bleiben in Kontakt und wollen uns treffen, damit wir uns unsere Sicht dieser Geschichte erzählen können. Luna ist der Finderin schließlich ganze drei Kilometer hinterher gejoggt und war total anhänglich, wollte gar nicht mehr gehen, ist sofort ins Auto eingestiegen, war zutraulich und sehr lieb, hat sich sogar auf den Arm nehmen und tragen lassen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass Luna das eigentlich gar nicht gerne mag. Danke, liebe Finderin, dass du dich so liebevoll um eine dir fremde Katze gekümmert hast. Du hast das Herz am rechten Fleck.
Diese Umstände, wenn ich das jetzt mal Revue passieren lasse… Die sind echt unglaublich. Wie das alles zusammen fiel. Die Verkettung dieser komischen Umstände verdanken wir dem Internet. Vielleicht aber auch Luna selbst, die das alle initiiert hat, um Dinge zu bewirken. Wer weiß das schon? Wir werden es nie erfahren… Das hätte auch anders ausgehen können. Daher:
Zu guter Letzt: Und das Ende der Geschichte? Hilfsbereitschaft und Glück sind tolle Gefühle! Familie Luna ist natürlich übrigens ebenso happy wie wir beiden Damen. Als Dank erreichte mich ein Päckchen mit Schokolade und einer schwarzen Glas-Luna eines bekannten Künstlers, die mir Familie Luna aus dem Urlaub mitbrachte. Ich freue mich sehr. Glas-Luna ziert nun meinen Wohnzimmerschrank und erinnert mich immer an diese aufregende Geschichte, die mich vor Unwahrscheinlichkeit den Kopf schütteln und gleichzeitig lächeln lässt.
Herzliche, erleichterte, glückliche und tatsächlich immer noch herzberührte Grüße schickt Ihnen Ihre Tanja Hansen, auch im Namen der Finderin Jessica K. und Familie Luna
*https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/ca/Homburg_Blick_vom_Rathaus_auf_den_Schlossberg_2012-05-03.jpg Ja, da ist Luna tatsächlich orientierungslos herumgekrabbelt! Es wird auf ewig ihr Geheimnis bleiben, wie sie dort hochgekommen ist. Vielleicht ist sie heimlich in ein Auto eingestiegen und mitgefahren. Wir werden es nie erfahren…
Zur Autorin:
Tanja Hansen betreibt seit 2007 mit Herz und Leidenschaft einen professionellen Catsitting Service im ganzen Saarland und verfügt über eine umfangreiche Fachkompetenz mit geschultem Blick, Wissen und Empathie. Sie beherbergt Katzen in jedem Alter, Hunde und Meerschweinchen. Ihre Kernkompetenzen liegen neben der individuellen, liebevollen Betreuung von Haustieren in der artgerechten Haltung und Ernährung der Tiere. Mehr Informationen gibt es unter www.catsaar.de.
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