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Raubtier Katze – Kleine Jagd- und Beuteanalyse

Katzen würden Mäuse kaufen. Oder doch lieber selbst fangen, denn so macht es schließlich mehr Spaß. Die Sinne geschärft, eine Bewegung oder ein Geräusch bemerkt, und los geht es… Alles ganz einfach und spielerisch, könnte man denken. Dabei ist das Jagen und die Auswahl der Beute für Katzen eine kleine Wissenschaft.

Die Jagd macht einen wichtigen Teil im Leben einer Katze aus. Der Jagdtrieb ist angeboren und lässt auch bei regelmäßig gefütterten Hauskatzen nicht nach. Hunger ist nicht der alleinige Antrieb zum Jagen. Suchen, Anschleichen und Fangen sind Triebhandlungen, unabhängig vom Sättigungsgrad der Katze. Allein der Anblick von Beute löst den Jagdtrieb schon aus. So verbringen Hauskatzen ungefähr 15 bis 25 Prozent des Tages mit dem Jagen oder entsprechenden Spielen, Wildkatzen bis zu 45 Prozent.

Mäusejagd
Die kätzischen Jagdmethoden werden immer an die Situation und das erwählte Beutetier angepasst. Der Katze liebstes Beutetier ist und bleibt die Maus. Sie hat die perfekte Größe für Pfoten und Kiefer, bietet die beste „Zusammensetzung“ und kommuniziert in Tonlagen, die vom feinen Gehör der Katzen problemlos wahrgenommen werden, wenn sie sich still verhalten und ihre sehr beweglichen Ohrmuscheln in die entsprechende Richtung drehen. Dann ist geduldiges Warten angesagt, bis sich die Beute zeigt. Mäuse bewegen sich nur vorsichtig und ungern allzu weit weg von ihren Verstecken, ein sofortiger Zugriff wäre also ungünstig. Darum schleichen sich Katzen unter ständiger Fixierung der Beute an, wobei der Körper ganz dicht am Boden gehalten wird und jeder Muskel angespannt ist. Jede verfügbare Deckung wird genutzt. Stimmt die Entfernung, setzt die Katze zum Sprung an: Das Hinterteil und der Schwanz wackeln in Erregung hin und her, um den Sprung besser berechnen zu können, dann erfolgt der ebenfalls geduckt ausgeführte Sprung auf die Beute. Mit den Vorderpfoten und Krallen wird diese gefasst. Erfahrene Katzen machen auch Sprünge über größere Distanzen, dabei wird das Gewicht nach hinten verlagert, ohne die Pfoten zu bewegen. Dann springen sie in hohem Bogen direkt auf die Beute. Ist die Katze sehr hungrig und liegt die Maus günstig zwischen den Pfoten, kann sofort der Nackenbiss erfolgen. Katzenzähne sind nicht stark genug, um die Wirbelsäule zu durchtrennen. Treffen die Zähne aber auf Knochen, beschädigt der präzise gesetzte Zahn das Rückenmark wie ein Keil und tötet so die Maus, ohne den Wirbel zu schädigen. Dieses Phänomen begegnet uns auch, wenn Katzen eine unerreichbare Beute wie den Vogel auf dem Nachbardach „anschnattern“: Diese Übersprunghandlung entspricht einem Phantom-Nackenbiss. Der tötende Biss muss übrigens durch Beobachtung des Muttertiers und Beuteneid unter den Geschwistern erlernt werden, er erfolgt nicht instinktiv.

Vogelfang
Gesunde, erwachsene Vögel befinden sich sehr schnell außerhalb der Krallenreichweite – darum fallen vor allem kranke, alte oder sehr junge Vögel einer Katze zum Opfer. Beim Vogelfang werden darum weniger ausgeklügelte Methoden verwendet. Die Katze, die nach Möglichkeit gut getarnt im Farn oder Gebüsch sitzt, pirscht sich abwechselnd an und stoppt wieder, bis sie nahe genug am Baum ist. Dann greift sie in einer geschmeidigen Bewegung aus Sprung und Schlag zu, sobald es günstig ist, da der Vogel zum Beispiel auf einem tief hängenden Ast sitzt. Da Katzen unmittelbar vor dem Sprung aber kurz verharren, reicht das für viele Vögel aus, um ihre Position zu verändern. Übrigens konnte trotz ständiger Diskussionen von Tierschützern noch keine Studie eindeutig nachweisen, dass Katzen den Bestand bestimmter Vogelarten gefährden.

Schwimmende Beute
So manche Katze kann ihre Pfoten auch vom Fischteich nicht lassen. Die eher wasserscheuen Fellnasen bevorzugen es natürlich, Fische vom trockenen Ufer aus zu fangen. Dort warten sie bewegungslos, bis ein Fisch nahe an der Wasseroberfläche vorbeischwimmt und schleudern ihn mit weit ausgefahrenen Krallen in einem Schlag über die Schulter aus dem Wasser. Der zappelnde Fisch wird dann ähnlich einer gefangenen Maus behandelt.
Spiel – und Spaß?
Das Spielen mit der Beute ist keineswegs auf Grausamkeit oder Spaß an der Folter durch die Katze zurückzuführen. Vielmehr dient es dazu, die Anspannung der Jagd abzubauen, das Jagderlebnis für unerfahrene Katzen zu verlängern und vor allem der Sicherheit. Außerdem wird die Beute nach und nach erschöpft und betäubt, damit sie sich nicht mehr wehren kann und verletzlicher für den Nackenbiss wird. Die Erklärung für ein derartiges Verhalten ist einfach: Durch ihr flaches Gesicht haben Katzen zwar einen starken Kiefer und gute Sicht, die direkte Region um ihr Maul herum können sie aber nicht überblicken. Oft wird die Beute während des „Spiels“ auch kurz ignoriert und die Katze sieht in eine andere Richtung – eine gute Methode, um zu testen, ob die Beute schon benebelt genug ist oder noch zu fliehen versucht. Ähnlich funktioniert auch der „Erleichterungstanz“ um das gefangene Tier: Das angestaute Adrenalin lässt sie die Beute herumgetragen, anstupsen, in die Luft werfen und „umtanzen“. Hat sich die Anspannung gelöst, frisst die Katze endlich am sicheren Ort.

Mitbringsel
Für viele Katzenbesitzer ist die Maus oder das Vögelchen, das von der Katze nach Hause mitgebracht wird, kein schöner Anblick. Ob noch lebendig oder bereits tot – kaum ein Besitzer kann sich über dieses Mitbringsel freuen. Es gibt verschiedene Gründe, warum die Katze dieses Verhalten zeigt. Zum einen möchte sie ihren hoffnungslosen Jungen (also uns) Nahrung bringen, da wir ja offensichtlich noch nicht gelernt haben, selbst für uns zu jagen. Als Nebeneffekt zeigt das Nach-Hause-Tragen der gefangenen Beute anderen Katzen, dass dieses Revier ein prima Jagdgebiet ist. Der Hauptbeweggrund aber liegt darin, die noch lebende Beute in ihr eigenes Reich zu bringen, falls diese entwischen kann. Denn oft muss die Katze ihre Beute noch einmal absetzen, um sie für den Nackenbiss richtig zu positionieren. Und zu Hause kennt sie in der Regel alle Ecken und Verstecke ganz genau!

Gefressen wird, was auf den Tisch kommt?
Natürlich kommt es bei der Beutewahl auch darauf an, was die Umwelt hergibt. Eine Bauernhofkatze fängt bis zu 95 Prozent Mäuse, gelegentlich auch kleine Kaninchen oder eine Forelle aus dem Teich. Seltener versucht sie sich an Vögeln, Wieseln, Maulwürfen oder Spitzmäusen. Der Streuner in der Stadt hält sich auch an Mäuse, durch das höhere Vorkommen werden aber auch Ratten, Tauben, Kleinvögel und Abfälle nicht verschmäht. In Hafenstädten sind auch Fische beziehungsweise Fischreste beliebt. Freigänger bevorzugen Mäuse, wagen sich aber auch an Singvögel, gelegentlich Tauben, Eichhörnchen, Spitzmäuse oder Zierfische. Übrigens: Spitzmäuse dünsten einen unangenehmen Geruch aus, einige Arten sind sogar giftig – sie stehen eher selten auf dem Speiseplan der Katze.

Spielerisch werden auch Frösche, Libellen, Schmetterlinge, Käfer und Spinnen gejagt. Hauskatzen kommen eher selten in den Genuss lebender Beutetiere, haben aber viel Spaß, wenn sich doch einmal eine Maus in das Haus verirrt oder jagen ersatzweise Insekten, Papierkugeln und Spielmäuse. Auch geografisch gesehen gibt es Unterschiede: In Nordamerika stehen Streifen-, Erd- und Rothörnchen auf dem Plan, aber auch Taschenratten, Mäuse und Rotkehlchen werden nicht verschmäht. Skandinavische Katzen lieben Kaninchen, während im südlicheren Europa klassischerweise Mäuse, Spitzmäuse (selten gefressen), Spatzen und Jungvögel gejagt werden. In Australien fallen den Katzen neben Kaninchen auch Kletterbeutler, Reptilien und Bodenbrüter zum Opfer.

Körperlich könnten Katzen übrigens Beutetiere erbeuten, die so groß sind wie sie selbst, ihr Jagdverhalten ist aber an kleine Nagetiere, ersatzweise kleine Vögel oder andere Kleintiere angepasst. Wenige, dann sehr mutige und erfahrene Tiere greifen gelegentlich auch erwachsene Kaninchen oder Fasane an.

Jede Jagd ein Erfolg?
Nicht jeder Jagdversuch endet für die Katze erfolgreich. Im Gegenteil: Die Umgebung, die Erfahrung und Kondition des Jägers, der Hunger und das erwählte Beutetier spielen hier eine große Rolle! Im Schnitt führt nur jeder vierte Jagdversuch zum Ziel.

Hatte die Katze länger keine Gelegenheit zu jagen, kann auch der kleinste Reiz, beziehungsweise das einer Maus unähnlichste Objekt, ausreichen, um den Jagdtrieb auszulösen. Wissenschaftler nennen dieses Verhalten „Stauungsspiel an Ersatzobjekten“: Eine Fliege, ein loser Faden oder sogar etwas Unsichtbares lassen die Katze wie wild umherrennen und -springen. Viele Katzenhalter bezeichnen das als die „täglichen fünf Minuten“ ihrer Katze.

Zum Weiterlesen:
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MK

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